Aktuell

Deutsche Minderheit in Serbien: Ergebnisse der Volkszählung 2022

Laut den Ergebnissen des Zensus bezeichneten sich 2573 Einwohner Serbiens als Deutsche. Die territoriale Verteilung ergab eine starke Konzentration auf das Gebiet der Autonomen Provinz Vojvodina (Batschka, Banat und Syrmien), in dem 1985 und somit 77% der Deutschen in Serben leben. 

81% der Deutschen bekennen sich zum christlichen Glauben – zur röm.-kath. Konfession (57%), zum orthodoxen Bekenntnis (14%) bzw. sie sind Protestanten (8%). 

Bei der Altersstruktur ist bemerkenswert, dass eine Mehrheit der Deutschen Minderheit von 61,4 % unter 65 Jahren alt ist. Lediglich 133 (5,2%) sind aber jünger als 15 Jahre. Die stärksten Altersgruppen sind jene von 35 bis 64 Jahren (1105 Personen / 42,9%) und die Gruppe der über 65-jährigen (1018 Personen / 39,6%).

Dr. Frank W. Wagner: “Serbiendeutsche 2020”

“Serbiendeutsche 2020“ ist der Titel des neuen Buches von dr. Frank W. Wagner, welches im Jahr 2020 in Hamburg erscheinen ist. Das Buch befasst sich mit der Vergangenheit, der Gegenwart und mit der Zukunft der deutschen Minderheit in Serbien. Es ist für uns eine besondere Ehre, dass auf dem Titelbild des Buches das Wappen des Deutschen Volksverband abgebildet ist. Das Buch besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil befasst sich mit kulturellen sowie soziologischen Hintergründen der Minderheit. Der zweiter Teil bietet einen interessanten Einblick durch zahlreiche Interviews. Unter anderem auch mit mit Bodo Hombach, dem ehemaligen Chef des Bundeskanzleramtes unter Kanzler Schröder, und mit Univ.-Prof. Dr. Reinhold Reimann der Sekretär der Deutschen Weltallianz und Obmann des AKVS. Der Deutscher Volksverband ist der älteste aktiver Verein der Deutschen in Serbien. Rudolf Weiss, der Präsident des Deutschen Volksverbandes, ist auch mit einem Interview vertreten. Die Absicht des Autors, die deutsche Politik- und Medienlandschaft auf die aktuelle Lage der deutschen Minderheit in Serbien aufmerksam zu machen, ist sehr lobenswert.

Das Buch “Serbiendeutsche 2020”

Dr. Dorothea Steinlechner-Oberläutner: “Mein Donauschwabien”

Über der Deutsche Volksverband wird auch in dem Buch “Mein Donauschwabien” geschrieben, das im Juni 2019 in Österreich erschienen ist. Der Autor ist Dr. Dorothea Steinlechner-Oberläutner. Das Buch wurde auf der Buchmesse in Leipzig und Frankfurt vorgestellt. Es wurde mit Unterstützung des österreichischen Ministerpräsidenten und des Österreichischen Kulturfonds herausgegeben. Erschienen ist es im Verlag »Tandem« aus Salzburg und Wien.

Es ist für uns von besonderem Interesse, wie andere uns als Organisation und als Angehörige der deutschen Minderheit hier in Serbien sehen und wie sie uns wahrnehmen, nachdem sie uns getroffen haben. Das Kapitel „Versöhnung“ ist ausführlich über der Deutsche Volksverband und ihren Vorsitzenden geschrieben, mit dem ein ausführliches Interview geführt wurde. Einige Zitate im Anhang geben die Eindrücke der Autorin und ihrer Mitarbeiter über uns wieder:

“Ich hatte sehr gespaltene Gefühle und Erwartungen, als ich Rudolf Weiss in Subotica traf. Was habe ich erwartet? Ich vermute, ein von der Vergangenheit belasteter und gebrochener Mann voller Bitterkeit, ein Blick auf die Vergangenheit, der sie idealisiert und der es leid ist, zu versuchen, die Zukunft für die Gemeinschaft zu sichern. Das wird nicht passieren. Wir trafen einen tatkräftigen Mann in der Blüte seiner Kräfte, voller Ideen und Zukunftsvisionen. Bei uns, die wir aus Österreich angereist waren, um mit ihm ins Gespräch zu kommen, hat er mit seiner offenen Haltung und seiner einfachen Herangehensweise an schwierige Themen wie “Heimat”, „Zukunft“, “Interkulturalität” und Versöhnungsarbeit für “Au!” und “Whoa!” gesorgt. „

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“Heimat ist da, wo deine Erinnerungen sind, wo du aufgewachsen bist, wo deine erste Liebe war, wo du mit deinen Eltern gelebt hast – sagte Rudolf Weiss…”


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“Wir sprechen ohne Hemmungen über die Verbrechen, die von den Deutschen begangen wurden, aber wir sprechen auch ohne Hemmungen über die Verbrechen, die an den Deutschen begangen wurden“, sagte Rudolf Weiss.

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“Rudolf Weiss redet nicht viel über Interkulturalität, er lebt sie.”

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“Eine bedrohte und völlig kleine nationale Minderheit steht heute lange Zeit vor der großen Herausforderung, ihre ethnische Identität wiederherzustellen.”

Dies ist nur ein kleiner Teil des Textes über uns und unsere Ansichten, der im Buch veröffentlicht wird. Ein Foto einer mehrsprachigen Tafel in vier Sprachen und zwei Schriften am Eingang der Zentrale des Deutschen Volksverbandes in Subotica wurde auch im Buch veröffentlicht.

EINE ANALYSE:

Die Geschichte der deutschen Minderheit in Jugoslawien im 20. Jahrhundert, dargestellt in den Lehrbüchern für Geschichte der Republik Serbien, gedruckt im Zeitraum von 2005 bis 2021

Diese Analyse erfolgte durch die Auswertung der Lehrbücher für die Oberstufe der 8. Klasse der Grundschulen in der Republik Serbien. In der 8. Klasse wird vor allem über die wichtigen Ereignisse und Persönlichkeiten des 20. Jahrhundert gelehrt. Ich hatte insgesamt 6 Lehrbücher auf serbischer Sprache von verschiedenen Autoren und Herausgebern zur Verfügung. Alle Bücher wurden in Belgrad herausgegeben. In diesem, wird die Deutsche Minderheit in dem folgenden drei Kapiteln erwähnt: “Königreich Jugoslawien”, “Jugoslawien im Zweiten Weltkrieg” und “Jugoslawien nach dem Zweiten Weltkrieg”.

Im Kapitel, welches den Zeitraum von 1918 bis 1941 aufarbeitet, wird man im Lehrbuch des Herausgebers “Zavod za udžbenike” aus dem Jahr 2005 fündig: “In dem neu gegründeten Staat gehörten etwa zwei Millionen Menschen zu den nationalen Minderheiten (Ungarn, Deutsche, Albaner, Rumänen, Slowaken, Russinen, usw.). Diese machten Einsechstel der Bevölkerungsanzahl aus.” Im selben Buch unter dem Untertitel “Ende des Krieges im Raum Jugoslawiens” wird auch über das Schicksal der deutschen Minderheit nach dem Krieg berichtet: “Einige aus der deutschen Minderheit, welche großteils im Banat gewohnt hat, sind mit der Deutschen Armee zurückgegangen, aber der Großteil blieb und somit wurden sie als potenzielle Kriegsverbrecher unter Verdacht gestellt und aus den Ortschaften Vertrieben.”

Das Lehrbuch vom Herausgeber “Zavod za udžbenike” aus dem Jahr 2010 wurden die Wahlergebnisse vom Parlament des damaligen Königreichs tabellarisch aufgelistet. Unter dem Kapitel “Königreich Jugoslawien” werden auch die errungenen Mandate jeder ehemaligen Parteien, darunter auch der deutschen Minderheit, aufgeführt. So hatte die Deutsche Partei 1923 acht Mandate, 1925 fünft Mandate und 1927 sechs Mandate erreicht. Im Teil über den Zweiten Weltkrieg in Jugoslawien, steht folgendes über die deutsche Minderheit: “Woiwodina wurde aufgeteilt, die Region Batschka erhielt Ungarn und die Region Banat war der lokalen deutschen Minderheit zugeteilt.” Hier wird unter anderem auch behauptet, dass “die Albaner auf Kosovo und Metochien Serben terrorisiert haben, genauso wie die Ungarn und die Deutschen in Woiwodina tausende Serben ermordet haben.” Im selben Lehrbuch unter dem Kapitel “Jugoslawien nach dem Zweiten Weltkrieg” steht folgendes: “Nach dem Krieg wurden einige tausende Deutsche vertrieben oder sie sind mit der Deutschen Armee weggezogen.”

Im Jahr 2011 erscheint von dem Herausgeber “Klett” ein Lehrbuch für die 8. Klasse, in welchem unter dem Kapitel “Staat der Slowenen, Kroaten und Serben” folgendes über die deutsche Minderheit steht: “Zu den nationalen Minderheiten gehörten Mehrzahl die Deutschen, Ungarn, Albanern, Rumänen, Türken, Slowenen und Russinen.” Im Kapitel “Die Folgen des Krieges in Jugoslawien” wird geschrieben, dass “Opfer des Krieges waren unteranderem auch die Deutschen, welche in Jugoslawien lebten. Sie zogen sich, gemeinsam mit der Deutschen Armee, zurück und Hinterliesen ihr Besitz und Eigentum.”

Im Lehrbuch des Herausgebers “Eduka” aus dem Jahr 2020 findet man unter dem Teil, in welchem die Geschichte des SHS-Staats aufgearbeitet wird, eine Tabelle, in welcher alle nationale Minderheiten aufgelistet und in folgender Reihenfolge dargestellt werden: Deutsche, Ungarn, Albaner, Rumänen, Italiener und andere. Den Autoren ist offensichtlich bekannt gewesen, dass die deutsche nationale Minderheit damals die am zahlreichsten vertretene im damaligen Staat war (laut der offiziellen Volkszählung aus dem Jahr 1921, lebten 505.790 Deutsche in dem Gebiet). In der Rubrik “Kuriositäten”, im selben Buch auf Seite 181, wird eine Fotografie einer alten deutschen, evangelischen Kirche aus Belgrad gezeigt, welche von den kommunistischen Behörden enteignet worden ist. Der Bilduntertitel ist wie folgt. “Bitef Theater in Belgrad, eines der Theater in welchem auch Vorführungen des gleichnamigen Festivals gezeigt werden”.

Der Herausgeber “Data Status” beschäftigt sich, in dem Lehrbuch für die 8. Klasse aus dem Jahr 2021 unter dem Untertitel “Konstitution des Staates”, mit der Entstehung des SHS-Staates. “Die nationalen Minderheiten machten rund zwei Millionen der Gesamtbevölkerung aus: Ungarn, Deutsche, Albaner, Rumänen, Slowenen und andere.” Im Kapitel “April Krieg und Besetzung” steht: “Die lokale Bevölkerung aus Kosovo und Metochien wurde von den Kollaborateuren aus den Reihen der Albanern terrorisiert. Dasselbe fand in Batschka und Banat statt, unter deutscher und ungarischer Herrschaft, wobei sich auch einheimische Ungarn und Deutsche beteiligt haben sollen.” Im Teil über Jugoslawien nach dem Zweiten Weltkrieg steht wie folgt: “Mehr als 350.000 Menschen, vorwiegend serbische Familien, wurden aus den unfruchtbaren Teilen Dalmatiens, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Süd-Serbien und aus dem heutigen Nordmazedonien auf die vor allem von Deutschen enteigneten Anwesen angesiedelt.”

Es ist offensichtlich, dass wenn es um das Schicksal der deutschen Minderheit nach dem Zweiten Weltkrieg geht, werden Worte wie “Vertreibung” und “Einlagerung” in fünf von sechs Lehrbüchern bewusst gemieden. Die Enteignung der Deutschen wird nur in einem Lehrbuch thematisiert. Und auch dieses Mal zeigt sich die alte Wahrheit, dass bei der Aufarbeitung der geschichtlichen Vergangenheit sich anhand der Lehrbücher nicht nur die eigene Einstellung und Tendenz des Autors sich herauskristallisiert, sondern es bestätigt auch, dass das was verheimlicht werden wird, letztendlich viel aussagekräftiger ist, als das tatsächlich niedergeschriebene.

Rudolf Weiss, Dipl.- Historiker, Präsident des Deutschen Volksverbandes in Serbien

Die Titelseiten der analysierten Lehrbücher

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ANTIQUARISCHE BÜCHER IN DER BIBLIOTHEK DES DEUTSCHEN VOLKSVERBANDES

Die Familie Orowetz aus Tschantawir (Region Batschka) schenkte am Ende Juni 2024. dem Deutschen Volksverband 10 antiquarische Bücher in deutscher Sprache. Das älteste Buch wurde 1878 in Stuttgart gedruckt, das jüngste Exemplar der gespendeten Bücher wurde 1902 in Berlin und Wien gedruckt.

Anbei ein Foto dieser Nachricht, auf dem Herr und Frau Orowetz (dritter und vierter von links) mit Mitgliedern des Deutschen Volksverbandes bei der Übergabe von Geschenkbüchern zu sehen sind.

Die Stellungnahme des Deutschen Volksverbandes über der Kollektivschuld eines Volkes:

INDIVIDUELLE SCHULD – KOLLEKTIVE VERANTWORTUNG

Es gibt keine Kollektivschuld einer Nation. Es gibt nur die individuelle Schuld, die von den Gerichten festgestellt wird. Jeder, der Verbrechen begangen hat, hat seinen Vor- und Nachnamen. In ihrem berühmten Text “Was heisst persönliche Verantwortung in einer Diktatur” schrieb Hannah Arendt bereits 1964: “Es gibt keine kollektive Schuld oder kollektive Unschuld. Diese Begriffe ergeben nur Sinn, wenn wir sie auf Einzelpersonen anwenden.”

Bei Angehörigen der deutschen Volksgemeinschaft in Serbien gab und gibt es nämlich eine moralische Verantwortung, d.h. die Notwendigkeit, zu den Verbrechen der deutschen Nationalsozialisten im Namen des gesamten deutschen Volkes eine Stellung zu nehmen. Die im Namen der Deutschen begangene Verbrechen erfordern eine klare Verurteilung und eindeutige Ablehnung. Mitglieder des Deutschen Volksverbandes in Serbien verurteilten diese Verbrechen deutlich und konfrontierten sich unmissverständlich mit den Verbrechen bestimmter Angehöriger ihres eigenen Volkes. Damit erwarb sich die deutsche Gemeinschaft das moralische Recht, deutlich und laut über die Massenverbrechen an der deutschen Zivilbevölkerung auf dem Territorium Jugoslawiens im Zeitraum von 1944 bis 1948 zu sprechen. Diese Verbrechen wurden unter dem moralisch und rechtlich nicht anhaltenden Prinzip der Kollektivschuld der deutschen Gemeinschaft im ehemaligen Jugoslawien begangen.

Mitglieder des Deutschen Volksverbandes in Serbien begrüssten die Resolution des Prowinzparlaments der Vojvodina über die Nichtanerkennung der Kollektivschuld vom 28. Februar 2003, in der unter anderem festgestellt wird, dass die Resolution “ausgehend davon angenommen wurde, dass das Konzept der Kollektivschuld unvereinbar mit grundlegenden demokratischen und Wertprinzipen ist.”

Die deutsche Gemeinschaft in Serbien begrüsste auch die Erklärung der Nationalversammlung der Republik Serbien vom 21. Juni 2013, in der es in den Punkten 3 und 4 heisst: “Die Nationalversammlung der Republik Serbien bringt ihre Überzeugung zum Ausdruck, dass die Befreiung von der kollektiven Verantwortung, die bestimmten Volksgruppen in der Prowinz Vojvodina nach dem Zweiten Weltkrieg durch Beschlüsse der damaligen Staatsorgane auferlegt wurde, im Interesse der Entwicklung eines Geistes der Toleranz und gegenseitiger Respekt gegenüber den nationalen Gemeinschaften und allen in Serbien lebenden Bürgern ist.” (Punkt 3); das Parlament der Republik Serbien verurteilt auch das Leiden aller anderen unschuldigen Opfer während und nach dem Zweiten Weltkrieg im Gebiet der Vojvodina (Punkt 4).”

Beide Erklärungen sind Schritte in die richtige Richtung, die zu einer wissenschaftlichen und unparteiischen Bearbeitung der dunklen Flecken unserer gemeinsamen Vergangenheit führen.

Rudolf Weiss, Dipl.-Historiker

Präsident des Deutschen Volksverbandes in Serbien